Bevor der Tag zu Ende geht, muss ich einmal einen kleinen Feier-Text einschieben. Heute wird man tau nämlich genau ein Jahr alt. 2450 Kommentare für 127 Posts, im Durchschnitt mehr als 523 Seitenaufrufe am Tag – was sehr schön ist, zumal das Blog am Anfang manchmal pro Tag etwa 5-10 Aufrufe hatte und sich also ein wenig steigern konnte. Die Gewohnheit, ab und zu mal Gedichte zu veröffentlichen, habe ich mit der Zeit vernachlässigt, dafür beschäftigen sich die Texte konzentrierter als zu Beginn mit Geschlechterthemen.
Die Redewendung „man tau“ kommt natürlich, wie ich, aus Norddeutschland, aus der Seglersprache – alle Mann an die Taue, es geht los. Natürlich steckt eine große symbolische Bedeutung darin, an die ich übrigens überhaupt nicht gedacht hatte. Ich fand es schön, dass sich die Redewendung sowohl norddeutsch als auch asiatisch anhörte – „man tau“ hat dort allerdings nichts mit tieferer buddhistischer Weisheit zu tun, sondern bezeichnet, soweit ich das gelesen habe, eine Art gedünsteter Brötchen.
Ich dachte, es wäre schön zu sehen, was heute am Bloggeburtstag eigentlich sonst noch so passierte.
Bei Genderama sieht es düster aus: Wir haben ein Gender-Schlachtfeld gerade hinter uns gelassen und befinden uns nun direkt vor der beginnenden Homokalypse. Über den verlinkten Text von Erzählmirnix bin ich auf einen schönen Kommentar von ihr gestoßen, der sich mit den eigens für Frauen gesenkten Aufnahmebedingungen bei der Marineinfanterie beschäftigt.
„Cool, wie auf diese Art vermittelt wird, dass Frauen genausogut wie Männer sind – wenn man das Niveau für sie weit genug senkt. Schließlich würde es das Frauenbild total schädigen, wenn man nur die ausreichend kompetenten Frauen in Jobs sieht. Da könne ja der Eindruck entstehen, Frauen wären tatsächlich leistungsfähig :-O“
Tatsächlich eine seltsame Entscheidung. Wenn die Aufnahmebedingungen im Verhältnis zu den Anforderungen der Arbeit stehen, ist es unsinnig, die Bedingungen für eine Gruppe von Bewerbern zu entschärfen. Wenn sie nicht in einem vernünftigen Verhältnis stehen, sollten sie für alle angepasst werden.
„Ähm, tschuldigung, Frau Bauleiterin, da muss ihnen ein Fehler unterlaufen sein….sie haben das Haus nur halb gebaut.“ – „War unsere Frauen-Baukolonne. Da reicht die Hälfte völlig.“ – „Aber wie sollen wir jetzt darin leben? Allein die Tatsache, dass es vorne reinregnet, macht es doch irgendwie…ungemütlich…“ – „Wissen sie was? Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie satt ich das habe, dass irgendwelche Arschlöcher ihre Frauenfeindlichkeit hinter pseudo-rationalen Argumenten verstecken!“ – „Äh, ja, entschuldigung…“ – „Und wenn sie jetzt nicht bald das Maul halten, dann mach ich Meldung. Dann baut ihnen nie wieder jemand was.“
Bei Alles Evolution geht es heute um Jennifer Lawrence, Schauspielerin in der Erfolgsreihe „Die Tribute von Panem“, die
„etwa mit sympathisch-rustikalen Talkshow-Auftritten, in denen sie munter über Stripshow-Besuche und ihre Fähigkeiten im Weitpinkeln berichtete, für YouTube-Hits“
gesorgt habe (einer dieser Hits findet sich hier). Sie sei ein „Tomboy“ gewesen, ein Mädchen, das sich wie ein Junge verhält – Christian wirft daher natürlich erst einmal, typisch Mann, angesichts des Bildes von Lawrence einen Blick auf ihre Finger, um aus dem Verhältnis der Länge von Ring- und Zeigefinger auf die Menge an pränatalem Testosteron zu schließen.
„Nach den sozialen Theorien hätte hier der Rollendruck versagt, der innerhalb der Rollen aufgebaut wird und dort kein abweichen erlaubt. Warum und wie dieser versagen kann, dass scheint mir innerhalb dieser Theorien ungeklärt zu sein.“
Das Verhältnis von sozialen und biologischen Theorien, und ihre Bedeutung für Geschlechterdebatten, wird – angestoßen insbesondere von Elmar Diederichs – im neuen Jahr offenbar noch öfter ein Thema sein.
Alles Evolution war übrigens einer der Gründe, warum ich dieses Blog überhaupt begonnen hatte. Je öfter ich dort längere Kommentare vor dem Abschicken gekürzt hatte, weil mir die überlangen Texte im Kommentarteil dann doch etwas unangenehm waren, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass ich eigentlich ein eigenes Blog aufmachen sollte. Was die Länge der Texte angeht, hab ich mich mittlerweile ganz gut im Griff – allenfalls eine ganz leichte Tendenz zur Überlänge ist noch erkennbar, und das auch nur, wenn man genau hinschaut. Glaube ich.
In den Blogs von Tom und yacv geht es heute um männlichen Handlungs- und Karriereantrieb – und um die Frau dahinter.
„Wenn ein Mann sagt, er repariert das, dann repariert er das. Man muss ihn nicht alle sechs Monate daran erinnern.“
Würden Männer also, ohne Versorgerrolle und Statusehrgeiz, genügsam vor dem Fernseher sitzen, zufrieden mit sich und der Welt?
„Auch Männer, die nicht erwachsen werden wollen, im Peter- Pan- Syndrom verhaftet bleiben, bei Mutti waschen, als Macho, als Playboy oder sich an Ex- Frau oder Feministinnen abarbeiten, anstatt sich selbst genug zu sein, haben ein Defizit abzuarbeiten: unabhängig von Frauen, Herr der eigenen Gefühle zu sein, Emotionale Autonomie.“So heute die Maennerschmie.de zum selben Thema. Auch die Frage, ob Männer sich um ihr eigenes Wohlergehen kümmern sollten, anstatt sich wieder und wieder mit frauenpolitischen Vorgaben auseinanderzusetzen, wird im nächsten Jahr wohl noch ab und zu wieder auftauchen.
Der Kuckucksvater behauptet heute, dass Jesus kein Kuckuckskind gewesen sei. Die Probleme dahinter, das der Vaterlosigkeit, der Scheinvaterschaft, des Verhältnisses zum biologischen Vater und zum sozialen Vater, bleiben so oder so aktuell. Max Kuckucksvater hatte sich übrigens besonders stark gegen den Nivea-Werbespot engagiert, der – mit großer Sensibilität für die Situation genau zu Weihnachten platziert – kurzerhand Väter als unnötig aus der Familie herausdefiniert hatte. Noch ein Thema, das sicher bleiben wird.
Ganz besonders angetan war ich heute übrigens von einer Geburtstagsüberraschung Alice Schwarzers. Gut, sie hat diese Überraschung nicht extra für man tau vorbereitet, glaub ich jedenfalls, aber ich habe sie heute entdeckt. Frau Schwarzer eifert seit einiger Zeit Doktor Sommer nach und hat die Rubrik „Ask Alice“ entwickelt. Sie berät dort Leserinnen und sogar Leser bei persönlichen wie politischen Problemen, was ja eh irgendwie alles das Gleiche ist, antwortet auf eine Frau, die Probleme mit der Familie ihres deutsch-türkischen Freundes hat, oder auf eine andere, die ihren Freund gern mit langen Haaren und geschminkt sehen würde. „Er ist vermutlich auch jung, wie du, und muss sich erst mal finden. Und dann das Recht haben, so zu sein, wie ER es für sich richtig findet“, antwortet sie ihr.
Seltsamerweise fand ich die Antworten von Frau Schwarzer manchmal überraschend pragmatisch und fair – entweder bin ich milder geworden, oder Frau Schwarzer ist es. Da ich selbst eigentlich immer schon milde war, spricht vieles für die zweite Variante – „Vielleicht stellt sich in der Redaktion von Emma und bei Alice Schwarzer ja so etwas wie die Altersweisheit ein“, hatte ja gerade auch Michael Klein gemutmaßt.
Nur bei Pornografie ist Frau Schwarzer nach wie vor unduldsam – klar, wenn es um Sex geht, dann hört der Spaß natürlich auf.
Das also, anlässlich dieses Tages, als kurzen Rück- und Ausblick. Vor allem aber möchte ich mich bedanken bei den Lesern und bei den Kommentatoren, die dieses Blog lebendig gemacht haben. Ich freu mich sehr über die Kommentare hier, auch über die engagierten und sachlichen Diskussionen, die es dabei schon gegeben hat und gibt.
Einen sehr herzlichen Dank dafür!